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The Mover: Selected Classics Plattenkritik

(Im Original geschrieben von Colby X, übersetzt von Sönke Moehl)

Dance Music trat in verschiedenen Phasen in mein Leben. Ich wuchs an der Ostküste in den 80ern auf und Cybotron, Strafe, Run DMC waren frühe ballistische Raketen die mich in der dritten Klasse trafen, als mein Sportlehrer Linoleummatten ausbreitete und versuchte einem Raum voller Vorstadtkinder Breakdance beizubringen. Hip Hop und Electro wurden meine erste Liebe, gefüttert durch New Yorker Radiosender, und ab Anfang 1988 durch tägliche Dosen von Yo! MTV Raps und Rap City. In 1988 betraten auch “Good Life” und “Big Fun” mein Leben mit Hilfe von Metromix Sessions auf Pittsburgher Radiosendern, die ich auf Kassette aufnahm. Obwohl ich keine Ahnung davon hatte wer die Belleville Three waren, waren diese Tracks meine Einführung in den Sound of Detroit.

Zuhause mit The Mover: Selected Classics und einigem Spielzeug

Ich begann mehr und mehr Musik zu hören, und mein Geschmack erweiterte sich und schloss elektronische Pioniere wie Yello und Art of Noise mit ein, aber merkwürdigerweise war es die Demoscene welche mein Interesse Richtung Techno lenkte. Für die, die es nicht wissen, in den 90ern haben verschiedene Gruppen von Programmierern “Demos” geschrieben – eigenständige Programme mit eigener Kunst, bewegter Grafik und Musik, um ihre künstlerischen Talente auszudrücken. Verbreitet wurden diese Demos auf Computer Bulletin Board Systems und man konnte sie (sehr) langsam mit Dial-Up Modems herunterladen, und diese Demos wurden fortlaufend umwerfender mit jedem neuen Release, da die Künstler ihre digitalen Zaubereien verfeinerten, oft so, dass sie gleichwertig oder besser waren als die beliebten Videospiele ihrer Zeit. Und die Musik kickte mich richtig – Soundtracks mit eigenständiger Musik von der ich bald erfuhr, dass es sich um Techno, Trance und Ambient handelte. Die Demoscene brachte mich dazu, tiefer zu suchen – zugegebenermaßen erstmal oberflächlich, da einiger meiner ersten Käufe kitschige Compilations aus Einkaufszentren waren. Aber alles änderte sich nachdem Deadly Buda von The Hard Data den Power Rave ’92 organisierte – mein erster Rave – auf einer Rollschuhbahn in der Nähe von Pittsburgh. Die Musik in dieser Nacht war härter und düsterer als alles was ich jemals gehört hatte, und als die Nacht zu Ende war, reichten mir die Compilations aus den Einkaufszentren auf keinen Fall mehr. Ich kaufte mein erstes Mixtape bei Turbo Zen – Budas Plattenladen – und außerdem die erste Industrial Strength Record Compilation. Der erste Track auf der CD war “We Have Arrived” von Mescalinium United, welcher inzwischen als der Track bekannt ist, der die Geburt von Hardcore Techno einleitete. Der Titel konnte nicht zutreffender sein, und ich war sofort süchtig – ein ganz neuer Ansatz bezüglich der 808s und 909s die meine frühen musikalischen Interessen bereicherten.

Industrial Strength ISCD1: Die Compilation die mich 1992 mit The Mover bekannt gemacht hat

Obwohl ich so viele Parties in Pittsburgh besuchte wie ich konnte, wurde Marc Acardipane (und seine vielen Aliasse) schnell einer meiner Lieblingskünstler. Ich zerstörte viele Lautsprecher zu “Nightflight (Non-Stop To Kaos)” in den kommenden Jahren – pass auf deine Bassboxen auf, sag ich dir – und vielleicht tue ich gerade das gleiche, 25 Jahre später, während ich diesen Text schreibe.

Die 2×12″ mit “Selected Classics” wurde auf Killekills Sublabel Boidae veröffentlicht, lizensiert von Acardipanes neuem Planet Phuture Label. Selbst für eine 33 Rpm Produktion klingen die Hihats und Snares klar und deutlich, und die unterschwelligen Basslines sind dick genug um deine Zahnfüllungen wackeln zu lassen. Die Trackauswahl ist sorgfältig kuratiert und neu remastered, und reicht von dem erwähnten “We Have Arrived” (ursprünglich in 1989 aufgenommen und in 1990 veröffentlicht) hin zu Albumtracks aus “Final Sickness” von 1993 (Planet Core Productions) und “Frontal Frustration” von 2002 (Tresor), und den EPs die dazwischen released wurden. Schmerzlich vermisst auf dieser 12″ wird der Track “Over Land & Sea” von der Signs of ’96 EP, ein langsamer, brodelnder Track der in einen Choral des Dooms voller alptraumhafter, dröhnenden Basslines und Crashes kulminiert. Dystopisches 3-Uhr-morgens Nebel- und Strobo-Material, das bis zum heutigen Tag unbedingt in einem Film verwendet werden sollte. (Digitale Käufer dieses Releases werden sich freuen, dass der Track enthalten ist, sowie “Spirit Slasher” von 2002). Man findet hier auch den kickenden “Waves Of Life” mit seinen treibenden Vocal- und Synth-Stabs die in einer wahrhaft himmlischen Coda enden, den desorientierenden, schweren Wirbel von “Reflections of 2017”, und das perkussive, eindringliche “Astral Demons” mit seiner absolut fantastischen Stereoakrobatik.

Als ein vollkommen indoktrinierter Fan sind alle diese Tracks in meine Psyche eingebrannt, aber für die Uneingeweihten sollte diese Sammlung eine wirklich lohnende Reise in diese einzigartige Energie und lebhafte Bilderwelt von The Mover sein. Für diejenigen welche in all den Jahren den Mythos von Acardipanes “See You in 2017” Botschaft entschlüsseln wollten (für einen tieferen Einblick in diese Sache lies dir auf jeden Fall die Frühlingsausgabe 2017 von The Hard Data durch), nun ja, “We have arrived”. Heutzutage lassen Aphex Twin und Nina Kraviz Mover Tracks auf einen ganz neue Generation von Menschenmengen auf Festivals los. Acardipane hat wieder ein weiteres Label seinem Oeuvre hinzugefügt (das Erscheinen von Planet Phuture), und uns erwartet ein neues Mover Album diesen Herbst. Ich will keine politischen Gemüter verärgern, aber war “The Emperor Takes Place” prophetisch?

Bis zum heutigen Tag klingt das immer noch wie einige der futuristischsten Sachen die ich jemals gehört habe, und trifft beängstigend genau ins Ziel. Willkommen in 2017 – endlich. Seit 2002 ruhend und nun auferstanden wie ein dunkler Phönix ist The Mover zurück – wie es seinen treuen Hörern vorausgesagt wurde.

The Mover: Selected Classics (Remastered 2017)

Dance music came into my life in stages. Growing up on the East Coast in the ‘80s, Cybotron, Strafe, and Run DMC were early ballistic missiles which struck me in third grade, when my gym teacher broke out linoleum squares and tried to teach a room of suburban kids how to breakdance. Hip hop and electro became my first loves, first fueled by NYC radio and beginning in ‘88, daily doses of Yo! MTV Raps and Rap City. Also in ‘88, Inner City’s “Good Life” and “Big Fun” entered my world through metromix sessions on Pittsburgh’s urban radio station, which I recorded to cassette. Although I had no idea who The Belleville Three were at the time, those tracks were my first introduction to the sounds of Detroit.

The Mover: Selected Classics (Remastered 2017) at home with various toys.
The Mover: Selected Classics (Remastered 2017) at home with various toys.

As I started listening to and more and more music, my tastes had grown to include electronic pioneers Yello and The Art of Noise, but oddly it was the work of the demoscene that really started to pique my interests towards techno. For those unaware, in the early ‘90s various groups of computer programmers would code “demos”—self-contained programs showcasing original art, motion graphics, and music to showcase their creative talents. Distributed on computer bulletin board systems and (very) slowly downloaded by dial-up modem, these demos became progressively more awe-inspiring with each release as the artists honed their digital tricks, often rivaling or exceeding the work of popular video games of the day. And the music really got me going—soundtracks filled with original music that I soon learned was techno, trance, and ambient. The demoscene inspired me to dig deeper—admittedly only superficially at first, as some of my earliest purchases were cornball compilations picked up at the mall. But everything changed after THD’s own Deadly Buda threw Power Rave ‘92—my first rave—at a roller rink just outside of Pittsburgh. The music that night was harder and darker than anything I had heard before, and by the end of the night, mall compilations were certainly no longer cutting it. I bought my first mixtape the next weekend at Turbo Zen—Buda’s record store—as well as Industrial Strength Records’ first compilation. First cut on the disc? Mescalinium United’s “We Have Arrived”, now widely known as the track that gave birth to hardcore techno. The title couldn’t be any more apt, and I was instantly hooked—a whole new take on the 808s and 909s that fueled my earliest musical interests.

Industrial Strength ISCD1: The compilation that introduced me to The Mover in '92
Industrial Strength ISCD1: The compilation that introduced me to The Mover in ’92

 

 

 

 

 

Through attending as many parties as Pittsburgh could throw at me, I quickly grew to consider Marc Arcadipane (and his countless aliases) one of my favorite musical artists. I blew out speakers to “Nightflight (Non-Stop to Kaos)” over the years—watch your bassbins, I’m tellin’ ya—and I may be doing the same right now, 25 years later, as I write this piece.

The 2×12” of “Selected Classics” was released on Killekill’s sub-label Boidae, licensed by Acardipane’s new Planet Phuture label. Even for a 33 RPM pressing, the hats and snares are crisp, and looming basslines blast thick enough to rattle fillings. A carefully curated, fully remastered track selection runs the gamut from the aforementioned “We Have Arrived” (originally recorded in ‘89 and released in ‘90) to album cuts from 1993’s The Final Sickness (Planet Core Productions) and 2002’s Frontal Frustration (Tresor) and the EPs released throughout. Sorely missing from the 12” release is “Over Land & Sea” from the Signs of ‘96 EP, a slow, brooding track that culminates in a doom chorus of nightmarish, growling bass and crashes. Dystopian 3 a.m. fog and strobe material that to this day desperately needs to be in a movie. (Digital release purchasers of this compilation, however,  will be pleased to find the track included, as well as 2002’s “Spirit Slasher”.) You’ll find the pumping “Waves of Life” with its driving vocal stabs and synths that rounds out in a downright blissful coda, the disorientating, uneasy spiral of “Reflections of 2017”, and the percussive, percolating “Astral Demons” and its absolutely dope stereo acrobatics.

As a fully indoctrinated fan, each of the selections are fully ingrained in my psyche, but for the uninitiated, this collection should be a truly rewarding journey into the unique energy and vivid imagery that The Mover presents. For those trying to decode the mythos of Acardipane’s “See you in 2017” message (for a deeper look into this, be sure to read The Hard Data’s Spring 2017 issue) over the years, well, we have arrived. Today, Aphex Twin and Nina Kraviz are unleashing Mover tracks upon a whole new generation at festival crowds. Acardipane added yet another label under his belt (the surfacing of Planet Phuture), and we’re in store for a new Mover album this fall. And not to ruffle any political feathers, but was “The Emperor Takes Place” prophetic?

To this day, this still sounds like some of the most futuristic music I’ve ever heard, and is eerily on-target. Welcome, at last, to 2017. Lying dormant since 2002 and rising like a dark phoenix, the Mover is back—as it was foretold to faithful listeners. (5/5)